OGH zur Rechtsschutzdeckung für Klagen wegen VW-Abgasmanipulation: Deckungsablehnung des Versicherers ist zulässig

Sonntag, Juni 16, 2019

Dass viele VW-Fahrzeuginhaber in Österreich von der VW-Abgasmanipulation betroffen wurden, ist eine allgemein bekannte Tatsache. Einige davon haben ihre Ansprüche auch klagweise geltend gemacht. Bei Gerichtsprozessen ist es immer günstig, wenn man die Möglichkeit hat, die Gerichtskosten auf einen Rechtsschutzversicherer zu überwälzen. Der OGH hat sich unlängst in der Entscheidung zu GZ 7 Ob 32/18h mit der Frage der Rechtschutzdeckung für eine solche Klage beschäftigt. Wir haben die Entscheidung näher unter die Lupe genommen:

 

Eine Eigentümerin eines von der Abgasmanipulation betroffenen Fahrzeugs („Versicherungsnehmerin“) begehrte von ihrem Rechtsschutzversicherer Deckung für die klagweise Geltendmachung von deliktischen Ansprüchen gegen den Fahrzeugproduzenten. Bei Kenntnis der Abgasmanipulation hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft.

Der Rechtsschutzversicherer lehnte die Deckung mit der Begründung ab, dass die Versicherungsnehmerin das Fahrzeug am 30. 12. 2010 angekauft habe, der Rechtsschutzversicherungsvertrag aber erst ab 1. 2. 2011 Schutzwirkung biete und daher Vorvertraglichkeit vorliege.

Die Versicherungsnehmerin hielt der Deckungsablehnung entgegen, dass das schadenbegründende Ereignis im Rückruf des Fahrzeugs wegen Abgasmanipulation vom 08.10.2015 vorliege; davor sei keine Wertminderung des Fahrzeugs eingetreten. Der Versicherungsfall sei erst zu diesem Zeitpunkt eingetreten.

Der OGH führt zusammengefasst aus, dass die Versicherungsnehmerin Deckung für die Geltendmachung von reinen Vermögensschäden begehre. Bei reinen Vermögensschäden gelte als Versicherungsfall – laut Versicherungsbedingungen des beklagten Rechtsschutzversicherers – der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Dies sei im konkreten Fall der Zeitpunkt des Einbauens einer nicht rechtskonformen Abschalteinrichtung in den Motor / in das Fahrzeug durch den Fahrzeugproduzenten. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch die Abgasmanipulation keinerlei (negative) Auswirkungen auf die Rechtsposition der Versicherungsnehmerin gehabt.

Erst durch den Kauf des von der Abgasmanipulation betroffenen Fahrzeugs könne die Versicherungsnehmerin in ihren Rechten beeinträchtigt worden sein. Mit diesem Zeitpunkt begann sich auch die vom Rechtsschutzversicherer in Bezug auf die Versicherungsnehmerin konkret übernommene Gefahr zu verwirklichen. Maßgeblich für den Eintritt des Versicherungsfalls ist somit nach Ansicht des OGH der Zeitpunkt des Kaufs des von der Abgasmanipulation betroffenen Fahrzeugs.

 

Kommentar:

 

Der OGH hält in dieser Entscheidung – unseres Erachtens völlig zurecht – an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach für den Versicherungsfall bei reinen Vermögensschäden ausschließlich der Verstoßzeitpunkt und nicht der Zeitpunkt dessen Kenntnisnahme durch den Versicherungsnehmer maßgeblich ist. Dies deckt sich auch mit der Definition des Versicherungsfalls bei reinen Vermögensschäden in den Versicherungsbedingungen des Rechtsschutzversicherers.

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